Unter Brüdern IX

»Mir träumte, wir seien geschiedene Leute.«

»Also –?«

»Also sind wir geschieden.«

»Das könnte dir so passen.«

»Ich bin frei. Ich kann gehen, wohin ich will.«

»Hast du alles vergessen?«

»Nein. Wie ich schon sagte: Es war ein Traum.«

»Von großer Magie?«

»Von großer Magie.«

»Was taugt dein Anwalt?«

»Ich habe keinen. Ich vertrete mich selbst.«

»Das wäre ein Fehler.«

»Aber keineswegs.«

»Was macht dich so sicher?«

»Ich werde offen sein.«

»Du vielleicht. Man trifft sich.«

»Ich lege alles auf den Tisch.«

»Ich nehme es mir.«

»Davon wird es nicht weniger.«

»Es wird mehr.«

»Was machst du damit?«

»Ich trenne es auf. Aus eins mach zwei.«

»Davon war nie die Rede.«

»Was war, ist vorbei.«

»Was vorbei ist, ist vorbei.«

»Das gefiele dir so. Also missfällt es mir.«

»Geh weg, ich will dich nicht sehen.«

»Wenn es so um dich steht, wie könnte ich da weg sein?«

»Weil ich es will.«

»Sagte ich doch.«

»Was war, ist vorbei.«

»Ich bin, was du willst: Es ist mir egal.«

»Auch das ist: egal.«

»Ich bin dein Selbst.«

»Ich kenne dich nicht.«

»Ich bin der, den du nicht kennst.«

»Du irrst.«

»Das sagte ich bereits.«

»Vielleicht habe ich mich getäuscht. Ist hier keiner, der mich vertritt?«

»Bist du flüssig?«

»Es reicht.«

»Mir nicht.«

»Dann geh.«

»Ich komme wieder.«

»Wann?«

»Gestern.«

»Geh.«

»Du erinnerst mich daran, dass du gehen wolltest. Ich lasse dir den Vortritt. Du musst es wollen. Der erste Schritt ist der schwerste. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede. Danach ist alles halb so schlimm. Man steigt nicht zweimal in denselben Fluss: Geschwätz. Ich bin schon weg. Ich warte hinter dem Vorhang. Wenn du mich nicht brauchst: ich bin immer da. Du sollst es wissen, denn ich mag dich. Nie konnte ich mich von dir lösen. Gern habe ich dich getötet und dein Blut getrunken. Gib doch zu, es hat dir nicht geschadet. Es hat dich stark gemacht. Wie heißt es noch? Die Erde untertan... Das war mein Werk. Du hättest doch keinen Finger gekrümmt. Das wird sich nie ändern, alles wird immer schon geschehen sein. Du lebst von mir. Ich gebe dir ab. Ich bin großzügig. Du bist kleinmütig. Ich bin die Macht, du bedienst dich ihrer. Ich bin die Ohnmacht, du glaubst, es sei meine. Ich begehre auf, schon spielen deine Kräfte. Ich füge mich, schon hast du Ordnung geschaffen. Ich wachse nach, du verzehrst. Dann verzehre ich mich und du wechselst das Thema. Ich schreie nach dir. Du siehst mich an. Wer bist du überhaupt? Was nimmst du dir heraus? Habe ich es erlaubt? Wo ist dein Gedächtnis? Ich registriere alles. Glaubst du, ich bin dein Buchhalter?«

»Zeit zu gehen.«

»Das sagte ich.«